Zehnte Klassen auf Spurensuche in Synagoge in Abterode

Im 19. Jahrhundert erlangte die jüdische Minderheit nach jahrhundertelanger Diskriminierung endlich die Gleichberechtigung. Der Prozess der Emanzipation schien unumkehrbar. Dies änderte sich jedoch mit der Machtübernahme durch Adolf Hitler und die Nationalsozialisten im Jahr 1933. Innerhalb weniger Wochen und Monate nahm der Hass auf Juden ungeahnte Ausmaße an. Vom Boykott gegen jüdische Geschäfte über die „Nürnberger Rassegesetze“ und die Novemberpogrome 1938 verschärfte sich die Judenverfolgung bis zur Auslöschung jüdischer Gemeinden durch Vertreibung und Ermordung. Was waren die Triebkräfte hinter dieser Entwicklung, wodurch wurde der Antisemitismus „befeuert“?

Mit diesen Fragen befassten sich 50 Schülerinnen und Schüler aus den 10. Klassen der Friedrich-Wilhelm-Schule in Eschwege bei einem Besuch in der Synagoge Abterode. Im dortigen Lern- und Gedenkort untersuchten sie, wie die Zeit des Nationalsozialismus von den Menschen in der Region Werra-Meißner erlebt wurde. Mit Hilfe von Zeitzeugeninterviews und historischen Dokumenten konnten sie verschiedene „Treiber“ des Antisemitismus identifizieren, wie etwa Habgier, Propaganda, Verschwörungstheorien, religiöse Vorurteile oder ein rassistisches Menschenbild. „Das sind Faktoren, die auch heute wirksam sind, wenn auch in anderer Gestalt“, sagte Dr. Martin Arnold vom Verein „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens“. Ko-Referent Arnold Baier rief die Jugendlichen dazu auf, wachsam und kritisch zu sein, um die Demokratie zu verteidigen: „Dass die Zahl der antisemitischen Straftaten im letzten Jahr so stark zugenommen hat, ist sehr besorgniserregend.“ Die Schülerinnen und Schüler des Eschweger Gymnasiums waren am Ende erschöpft von der Hitze des Tages, aber auch beeindruckt von einer spannenden Entdeckungsreise. Fasziniert waren sie insbesondere von den regionalen Beispielen, die über eine große Datenbank in Abterode zugänglich sind.

 

Text und Bilder von Dr. Martin Arnold