Schüler der FWS besuchen Friedensschule Monte Sole
Geradezu idyllisch wirkt die bewaldete Berglandschaft des italienischen Apennin bei dem kleinen Ort Marzabotto auf den unbefangenen Besucher – und doch hat sich hier – ganz in der Nähe von Bologna – vor 75 Jahren eines der schlimmsten deutschen Kriegsverbrechen ereignet: Soldaten von SS und Wehrmacht töteten fast 800 Menschen und löschten die Bevölkerung mehrerer Dörfer nahezu komplett aus. Die Auseinandersetzung mit diesem mehrtägigen Massaker im Herbst 1944 am Originalschauplatz geht unter die Haut. Diese Erfahrung machten auch 23 Schülerinnen und Schüler der Friedrich-Wilhelm-Schule bei einem Tagesseminar in der
am Ort des grausamen Geschehens gegründeten „Friedensschule Monte Sole“. Nach einer Führung zu den Tatorten und bewegenden Zeitzeugenberichten waren die Schüler gefordert, Bezüge zu aktuellen Kriegssituationen und totalitären Tendenzen in der Gegenwart herzustellen.
Dieser Besuch der Friedensschule stand im Mittelpunkt des diesjährigen Schüleraustausches der FWS mit dem Partnergymnasium „Manfredo Fanti“ in Carpi in der italienischen Region Emilia Romagna. Dieser einwöchige Austausch, bei dem die Schüler in Gastfamilien untergebracht sind, besteht seit über zehn Jahren unter der Leitung von Oberstudienrat Jörg Heinz und seiner mittlerweile pensionierten Kollegin Waltraut Späth.
Ursprünglich zielte der Austausch auf eine internationale Vertiefung des Lateinunterrichtes ab. Seit die FWS allerdings „Schule ohne Rassismus“ ist, liegt der Schwerpunkt auf der gemeinsamen Bearbeitung von Themenfeldern wie Diskriminierung, demokratische Kultur, Rechtsextremismus, Antisemitismus, Rassismus, Flucht und Migration durch die deutschen und italienischen Jugendlichen.
Zu den weiteren Programmpunkten der Austauschwoche gehörten auch ein gemeinsames Theaterprojekt mit Schauspielern aus Bologna, die auch mit Migranten arbeiten, sowie Workshops zum kreativen Schreiben zu den genannten Themen. Die gemischten Arbeitsgruppen aus deutschen und italienischen Schülern präsentierten anschließend ihre Arbeitsergebnisse, die beispielsweise als Gedicht oder Zeichentrick-Film gestaltet waren.
Die jungen Menschen aus Eschwege gewannen in dieser Woche darüber hinaus auch Einblicke in die italienische Lebensweise und Kultur: In ihren Gastfamilien bekamen sie einen Eindruck vom Alltagsleben in Italien. Ein Tortellini-Kurs im Kulturzentrum von Carpi führte die Eschweger ein in die Geheimnisse der traditionellen italienischen Küche. Unter den strengen Augen erfahrener Köchinnen stellten sie eigenhändig große Mengen der beliebten Nudelspezialität her, die anschließend gemeinsam mit den italienischen Gastgebern verzehrt wurden. Exkursionen führten die Eschweger Gymnasiasten außerdem in die alte Universitätsstadt Padua und nach Modena, wo Dom und Glockenturm Ghirlandina auf der Piazza Grande zum UNESCO-Weltkulturerbe gehören.
Gelegenheit zur Vertiefung der frisch geschlossenen Bekanntschaften und der inhaltlichen Arbeit an den Themenfeldern Totalitarismus, Diskriminierung, Unterdrückung gibt es schon im April kommenden Jahres. Dann steht der Gegenbesuch der Schülerinnen und Schüler aus Carpi an. Auf dem Programm stehen dann unter anderem Besuche in der NS-Gedenkstätte Buchenwald, in Weimar, in Erfurt, wo sich die Italiener besonders für das Stasi-Museum interessieren, sowie im Grenzmuseum Schifflersgrund. Begleitet und aufbereitet werden die gewonnenen Eindrücke und Erfahrungen dann in gemeinsamen Workshops in der Schule.
Bilder:
Carpi.1: Führung durch den Schauplatz des SS-Massakers bei Marzabotto
Carpi.2: Schüler bei der Arbeit in der Friedensschule Monte Sole
Carpi.3: Tortellinikurs
Carpi.4: Tortellinikurs